Jetzt neu!

Die ViOffice Cloud ist jetzt GRATIS für bis zu 3GB Speicherplatz. Jetzt registrieren!
Zum Inhalt springen
Startseite » Blog » Digitale Selbstbestimmung

Digitale Selbstbestimmung

Was ist Digitale Selbstbestimmung, wodurch kann diese eingeschränkt werden und wie versucht ViOffice die Digitale Selbstbestimmung der Nutzer:innen zu bewahren?

In diesem Blogpost möchten wir nicht nur das Konzept der Digitalen Selbstbestimmung (im engeren Sinne auch die Informationelle Selbstbestimmung) erläutern, sondern auch aufzeigen, wie bereits zuvor behandelte Themen, wie Digitale Monopole, unternehmerische Gesellschaftsverantwortung und Freie Software, miteinander zusammenhängen.

Was bedeutet Digitale Selbstbestimmung?

Bevor wir ausführlich auf die Bedeutung “Digitaler Selbstbestimmung” eingehen, möchten wir zunächst den Teil der allgemeinen Selbstbestimmung erörtern. Der Begriff Selbstbestimmung bietet bereits seit der Antike Raum für anhaltende philosophische, rechtliche und politische Diskussionen. Obwohl an dieser Stelle nicht auf alle Ansätze eingegangen werden kann, erscheint es sinnvoll, sich über eine Definition des Deutschen Ethikrates dem Thema anzunähern:

“Selbstbestimmung bezeichnet vor dem Hintergrund dieser dem Menschen grundsätzlich zukommenden Autonomie die Möglichkeit der Realisierung von je eigenen Handlungsentwürfen und Handlungsentscheidungen.“ [1]

Dabei ist Autonomie als “die grundsätzliche Fähigkeit des Menschen, aus eigenen Stücken vernünftige Erwägungen anzustellen” definiert.

Daraus folgt als mögliche Beschreibung Digitaler Selbstbestimmung, die Möglichkeit der Realisierung von eigenen Handlungsentwürfen und Handlungsentscheidungen im digitalen Raum bzw. bei der Nutzung digitaler Medien. Ein wichtiger Bestandteil der Digitalen Selbstbestimmung ist die informationelle Selbstbestimmung, welche die Möglichkeit, selbst über die Nutzung personenbezogener Daten zu entscheiden, umfasst. Digitale Selbstbestimmung umfasst somit auch diesen Aspekt, geht allerdings noch darüber hinaus, indem es weitere Aspekte unseres digitalen Lebens, abseits von der Weitergabe und Nutzung persönlicher Daten miteinbezieht. Doch wie selbstbestimmt sind Verbraucher:innen bei der Entscheidung, welche privaten Daten von Unternehmen online gesammelt und gespeichert werden dürfen oder welchen Messaging-Dienst wir zur täglichen Kommunikation benutzen.

Wodurch wird Digitale Selbstbestimmung eingeschränkt?

Um solche und weitere Fragen zu adressieren wurde die sogenannte Datenethikkommission von der Bundesregierung eingesetzt, die in ihrem Gutachten aus dem Jahr 2019 konstatiert:

“Je mehr Informationen Dritte über den Einzelnen gesammelt haben, desto schwieriger wird es, in sozialen Situationen unbefangen zu agieren oder sich gar als Individuum ganz neu zu erfinden. […] Ein Erodieren der für die Selbstbestimmung erforderlichen Kompetenzen von Verbrauchern, etwa durch einen übermäßigen Einsatz von Entscheidungsassistenten und damit verbundene Habituationseffekte, wirft ethische Fragen zur Fremdbestimmung und Entscheidungsfreiheit von Individuen, aber auch gesellschaftlicher Steuerung durch einzelne marktmächtige Akteure auf.“ [2]

Der Kern dieser etwas sperrigen Formulierung lässt sich anhand der Wechselwirkungen zwischen Digitalen Monopolen, unfreier Software (also proprietärer Software) und Datensicherheit verdeutlichen. Freie Software ist anhand der vier Freiheiten definiert: Die Freiheit die Software zu verwenden, die Freiheit sie zu verstehen, die Freiheit sie zu verbreiten und die Freiheit sie zu verbessern. Im Umkehrschluss folgt, dass Verbraucher:innen unfreier Software nicht selbst bestimmen dürfen, was sie damit machen möchten, sondern die Nutzungsrechte sind von den Entwickler:innen (oder oftmals von ihren Auftraggeber:innen) klar bestimmt. Die Weitergabe von Kopien an Dritte ist meistens untersagt und sogar strafbar. Darüber hinaus ist der Quellcode nicht frei einsehbar, wodurch Nutzende (oder externe Expert:innen) oft nicht in der Lage sind nachzuvollziehen, was die Software im Hintergrund genau tut und beispielsweise welche personenbezogenen Daten an welche Konzerne gesendet werden. [3, 4]

Jedoch können diese Nachteile umgangen werden, solange eine gleichwertige Alternative auf Basis von Freier Software existiert. Problematisch wird die Situation insbesondere, wenn gleichzeitig eine marktbeherrschende Position bei den Anbieter:innen der unfreien, proprietären Software vorliegt, d.h. wenn es ein (Digitales) Monopol oder ein Quasi-Monopol gibt. In dieser Situation besteht eine Abhängigkeit der Nutzenden, die dazu führt, dass die einschränkenden Nutzungsbedingungen alternativlos akzeptiert werden müssen, wodurch ein Stück weit die Digitale Selbstbestimmung verloren geht. Zusätzlich verhindert oder erschwert der sogenannte Lock-In Effekt dabei einen Wechsel zu einer anderen konkurrierenden Software.

Die gesamtgesellschaftliche Relevanz wird deutlich bei der Betrachtung des Beispiels WhatsApp. Die geplante Änderung der Nutzungsbedingungen, welche die Übermittlung personenbezogener Daten an den Facebook Mutterkonzern beinhaltet, wird aktuell stark diskutiert. Und auch andere Änderungen, wie das Aufweichen der in Whatsapp genutzten Verschlüsselungsmethoden sorgen für große Bedenken. Das Problem besteht hauptsächlich darin, dass WhatsApp inzwischen ein fester Bestandteil der täglichen Kommunikation für viele Menschen geworden ist. Eine weitere Nutzung von WhatsApp erfordert eine Zustimmung der veränderten Nutzungsbedingungen. Ohne Zustimmung, kann Whatsapp zukünftig nicht mehr genutzt werden. Whatsapp ist als proprietärer Dienst eine geschlossene Umgebung, die es anders als viele Freie Software Messanger wie zum Beispiel Element oder auch ViOffice Talk nicht erlauben, mit Personen auf anderen Plattformen zu kommunizieren. Somit ist es für viele Menschen sehr schwer, trotz Datenschutzbedenken auf die Nutzung von WhatsApp und anderen Facebookdiensten komplett zu verzichten, ohne spürbare Nachteile in der Kommunikation mit den Mitmenschen zu erleben. [5]

Ein weiterer Aspekt, der in dem obigen Zitat angesprochen wird, sind die direkten Folgen der gesammelten persönlichen Daten. Verschiedene Algorithmen werten diese Informationen aus, leiten diese an Analyse- und Werbekonzerne wie Facebook & Google weiter, welche uns im Anschluss auf uns zugeschnittene Werbung anzeigen. Dabei handelt es sich oft um Produktwerbung, aber auch sonstige persönliche Interessen oder politische Meinungen, Personenvernetzung und Verhaltensinformationen. Es ist hierbei wichtig zu verstehen, dass die persönlich zugeschnittene Werbung als solches zwar unheimlich wirken mag, aber nicht das zentrale Problem dieses Umstandes sind. Viel mehr ist es lediglich ein Symptom der Verhaltens- und Interessenanalyse, welche mehr und mehr Eingriff in unser Leben nimmt. Aus diesem Grund steigen einerseits die Einflussmöglichkeiten wichtiger Akteure und andererseits sinkt die Chance einzelner Individuen im Laufe des Lebens neue Wege einzuschlagen. Verstärkt wird dieser Effekt durch Assistenzsysteme, die uns zunehmend persönliche Entscheidungen abnehmen. [6, 7, 8]

Die Bundesregierung in Deutschland analysiert in ihrer vor kurzem veröffentlichten “Datenstrategie” viele der vorherrschenden Probleme. Hierbei scheint im politischen Diskurs oftmals das Argument eben dieser Alternativlosigkeit aufzukommen, sowie die Aussage, es gebe keine adäquaten, datenschutzschonenden Alternativen. Dem steht die bisher noch immer nur langsam anlaufende Digitalisierung (und digitale Kompetenzen) in einem Großteil der europäischen Staaten und Unternehmen entgegen, insbesondere in Deutschland. Gleichzeitig scheinen insbesondere eben diese Unternehmen stärker auf Verhaltens- und Nutzer:innenanalyse durch externe “Big Data” Unternehmen und die Nutzung außereuropäischer Infrastruktur mit entsprechend schwächerer Datenschutzregulierung zu setzen. [9, 10, 11, 12]

Wie versucht ViOffice die Digitale Selbstbestimmung seiner Nutzer:innen zu bewahren?

ViOffice ist ein junges (wirtschaftliches) Projekt, welches sich an nachhaltiger, ethischer und sozial gerechter Zukunftsfähigkeit orientiert. Wir sehen uns in der Pflicht, selbst Gesellschaftsverantwortung wahrzunehmen. Dazu gehört ausdrücklich auch die Wahrung der Informationellen und Digitalen Selbstbestimmung unserer Nutzenden.

Unsere Dienste basieren zu 100% auf Freier Software, wodurch stets transparent einsehbar ist, was unsere Anwendungen genau tun und was sie nicht tun. Außerdem wird dadurch ein Wechsel zu einer anderen Software zu einem späteren Zeitpunkt erleichtert, da der Lock-In Effekt vermieden wird. Wir möchten keine langfristigen Anhängigkeiten von unseren Diensten schaffen, sondern setzen auf ein überzeugendes und nachhaltiges Angebot. Wir sammeln keine personenbezogenen Daten und lehnen Nutzer:innenverfolgung (Tracking) grundsätzlich ab.

Wir möchten abschließend ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir selbst ein digitales Wirtschaftsunternehmen sind. Es geht uns also nicht darum, genannte einzelne Konzerne oder die Nutzung ihrer Dienste anzuprangern, beziehungsweise eine abschließende Bewertung zu Einzelfällen vorzunehmen. Wir möchten jedoch anhand der bekanntesten Beispiele über das Thema informieren und auf existierende Probleme in diesem Zusammenhang und den genannten Geschäfts- und Wirtschaftsmodellen hinweisen. Dabei nutzen wir die Gelegenheit, das Thema allgemein, unabhängig von einzelnen Beispielen, in unsere eigene Firmenphilosophie einzuordnen.

Quellen

  1. Deutscher Ethikrat (2013): Die Zukunft der genetischen Diagnostik – von der Forschung in die klinische Anwendung. Stellungnahme. Online unter ethikrat.org [30.04.2013] (Version vom 19.06.2020: Webarchive).
  2. Datenethikkommission (2019): Gutachten der Datenethikkommission. Online unter bmi.bund.de [23.10.2019] (Version vom 10.11.2020: Webarchive).
  3. Free Software Foundation (2002): Freie Software. Was ist das? Online unter gnu.org.
  4. Free Software Foundation (2013): Proprietäre Software ist häufig Schadsoftware. Online unter gnu.org.
  5. Eva-Maria Weiß (2021): WhatsApp ändert Nutzungsbedingungen: Daten werden mit Facebook geteilt. Heise Online, 07.01.2021. heise.de.
  6. Shoshana Zuboff (2019): Überwachungskapitalismus. Aus Politik und Zeitgeschichte (APUZ 24-26/2019). Bundeszentrale für politische Bildung. Online unter bpb.de
  7. Soshana Zuboff (2019): Im Zeitalter des Überwachungskapitalismus. Netzpolitik.ORG, 12.06.2019. netzpolitik.org.
  8. Shoshana Zuboff (2014): A Digital Declaration. FAZ.NET, 15.09.2014. faz.net
  9. Bundesregierung (2021): Datenstrategie der Bundes­regierung. Online unter bundesregierung.de
  10. Eurostat (2018): Cloud-Computing-Dienste von mehr als jedem vierten Unternehmen in der EU genutzt. Eurostat Pressemitteilung 193/2018. europa.eu
  11. Eurostat (2020): Urban and rural living in the EU. Online unter europa-eu.
  12. Eurostat (2018): Internet advertising of businesses. Online unter europa.eu
Diesen Beitrag teilen:
Website | + posts

Pascal gründete gemeinsam mit Jan im Herbst 2020 ViOffice. Dabei kümmert er sich vor allem um das Marketing, die Finanzen und Sales. Nach seinen Abschlüssen in der Politikwissenschaft, der Volkswirtschaftslehre und der angewandten Statistik ist er weiterhin in der wissenschaftlichen Forschung tätig. Mit ViOffice möchte er für alle den Zugang zu sicherer Software aus Europa ermöglichen und insbesondere gemeinnützige Vereine bei der Digitalisierung unterstützen.

Website | + posts

Jan ist Mitgründer von ViOffice. Er kümmert sich insbesondere um die technische Umsetzung und Wartung der Software. Seine Interessen liegen insbesondere in den Themengebieten Sicherheit, Datenschutz und Verschlüsselung.

Neben seinem Studium der Volkswirtschaftslehre, später der angewandten Statistik und seiner daran anknüpfenden Promotion, hat er jahrelange Erfahrung im Bereich Softwareentwicklung, Opensource und Serveradministration.