Digitalisierung und künstliche Intelligenz – Themen die oft gemeinsam angesprochen werden. Vielmehr sind es Begriffe, die heutzutage immer häufiger auftauchen. Sowohl im privaten als auch im professionellen Bereich entwickelt sich die Gesellschaft hin zu einer „E-Version“. Das Leben mit der täglichen Nutzung von mindestens einem bis drei Geräten, welche es ermöglichen Dinge in einer Cloud zu speichern, sich untereinander zu vernetzen oder salopp gesagt Daten hin- und herzuschieben, scheint keinem mehr fremd zu sein.
Versuchen alle für sich selbst genommen die oben genannten Begriffe zu definieren, so erscheinen diese trotz der andauernden Entwicklungen oft noch abstrakt. Im Folgenden soll vor allem auf die Wandlung eines gesamten Arbeitsbereiches aufmerksam gemacht werden und somit konkretere Hintergründe in einem Teilbereich der Digitalisierung aufgezeigt werden. Der Personalbereich, welcher beinahe immer als administative Unterstützungsleistung abgetan wurde, erlebt durch die Digitalisierung den Wandel hin zu einem strategischen Arbeitsfeld, der das Gesamtunternehmen sowohl positiv als auch negativ beeinflussen kann und somit zum Großteil für die Attraktivität des gleichen entscheidend ist.
An dieser Stelle soll nicht mehr an die digitale Wende, welche erste Entwicklungen weg von Stift und Papier bedeutet hat, angesetzt werden. Es soll an die im 20. und 21. Jahrhundert aufgetretene Modernisierung und Optimierung (Automatisierung) angeknüpft werden. Nicht unwichtig ist in diesem Kontext auch der gesellschaftliche Wandel. Ein Generationenwechsel, welcher im Zusammenspiel mit der Digitalisierung ausschlaggebend für die Verschiebungen und Änderungen im Arbeitsalltag ist. [1]
Das Personalwesen im Überblick
Zuvörderst sollte in kurzen Zügen erklärt werden, welche Aufgaben im Personalwesen auftreten können und sollen. Je nach Unternehmensgröße differenziert und entscheidet man über die Notwendigkeit dieser. Universitätsprofessor Christian Scholz gibt in seinem Buch zu den Grundzügen des Personalmanagements einige Einblicke und hilft somit das notwendige Verständnis zu entwickeln. Die Aufgaben können in primäre und sekundäre Bereiche unterschieden werden. Primär beschäftigt man sich mit Personalkalkulationen und Akquisitionen. Es geht um die Evaluierung, Integration und Allokation von Personal. Aber auch kompensatorische Fragen oder qualitative Weiterbildungen im Unternehmen sind bedeutend. Bei unangenehmen Themen, wie beispielsweise der Personalreduktion, werden erfahrene Mitarbeitende des Personalbereichs zur Beratung hinzugezogen. Es kann als ein Feld beschrieben werden, welches die Organisation, Kommunikation sowie Administration übernimmt, dabei an Emotionen knüpft und innovative Konzepte (sekundärer Bereich) einführt. Entscheidend ist es zu verstehen, dass die meisten der hier genannten Aufgaben aus einem Lehrbuch des Jahres 2011 nun 10 Jahre später beinahe ausschließlich digital organisiert, implementiert und wahrgenommen werden. Dabei kann man sich als Personaler:in zunächst einfache Fragen stellen:
- Personalkalkulation & Akquisition: Wo finde ich Talente? Welche Qualifikationen müssen diese Personen erfüllen? Wonach kalkuliere ich den Personalbedarf und mit welchen Ausfällen muss ich rechnen?
- Integration & Allokation: Wie integriere ich neue Mitarbeitende? Wo setze ich sie ein? Welche Möglichkeiten habe ich neue Arbeitskräfte möglichst unkompliziert in die Teams einzuarbeiten?
- Qualifikation & Kompensation: Wie erreiche ich die Mitarbeitenden und wie können diese fortbestehend an ihrer Qualifikation arbeiten? Wie kompensiert man diese und was macht ein Unternehmen als Arbeitsplatz attraktiv?
- Organisation, Kommunikation & Administration: Welche Methoden zur Datenverarbeitung gibt es die möglichst effektiv und effizient ist? Wie kommuniziere und erreiche ich die Mitarbeitenden bestmöglich? Wie gehe ich mit dem Faktor der Globalisierung und somit zusätzlichen administrativen Aufgaben um?
In der Beantwortung dieser Fragen taucht man in die digitale Welt ein und erkennt neue Arbeitsbereiche und Begrifflichkeiten des Personalbereichs relativ schnell. [2]
Digitalisierung im Personalbereich
Laut des Produkt Marketing Managers Martin Woßmann (Haufe Group) gibt es insbesondere vier Bereiche der Digitalisierung im Personalbereich: Digitalisierung des Recruiting, Digitalisierung des Talentmanagements, Einführung von E-Learnings und die Automatisierung von HR-Prozessen:
- Digitale Karrieremessen und Karrieretage,
- Digitale Lernsysteme, die entwickelt worden sind um dem Aspekt des kontinuierlichen Lernens gerecht zu werden,
- Datenverarbeitungssysteme, welche über eine spezielle Arbeitscloud nur im internenen Bereich geteilt werden können,
- Virtuelle Persönlichkeits- und Wissenstests, welche immer häufiger bei der Akquise eingesetzt werden,
- Virtuelle Systeme, die es dem Personal unternehmensintern ermöglichen Dokumente zu teilen oder
- Externe Karriereseiten und Ressourcenzugänge, die oft entscheidend sind bei der Gewinnung und Zufriedenstellung von Mitarbeitenden.
Inwiefern hat sich der Bereich nun verändert? Vor allem die Reichweite eines Unternehmens hat sich vergrößert. Durch die Globalisierung und auftretende Möglichkeiten für Talente gilt es, global gesehen Fuß zu fassen und an der Attraktivität des Unternehmens zu arbeiten. Welche Aspekte sind den heutigen Arbeitseinsteiger:innen besonders wichtig? Sie möchten international arbeiten, sie möchten sich kontinuierlich weiterbilden, sie möchten Anerkennung erfahren und sich besonders fühlen, sie möchten integriert werden und eine gute work-life-balance haben. Auch die Möglichkeit des sogenannten „remote-working“ gilt vor allem zu Pandemiezeiten als entscheidend. Möglichst einfach, möglichst effektiv und möglichst fair entlohnt. [3]
Digitalisierung & Generationenwechsel
An dieser Stelle kann der bereits erwähnte Generationenwechsel und dessen Bedeutung für Unternehmen konkretisiert werden. Die heutige Generation von Personen, die in das Arbeitsleben eintreten, bezeichnet man auch als die Generation Z. Denken wir zurück an die Generation X („Schlüsselkinder“), welche ihre Arbeit als Selbstzweck sah und eine ziemlich starke Trennung zwischen Arbeit und Privatleben vornahm. Sie sind aufgewachsen, meist ohne Computer und globale digitale Netzwerke (Internet). Im Gegensatz dazu sind bei der darauf folgenden Generation Y („Millennials“) die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben nicht mehr klar („Work-Life-Blending“). Sie sind fast immer digital erreichbar. Mit der Öffnung des Internets außerhalb der Universitäten für die öffentliche Nutzung im Jahr 1990 wuchsen sie als die erste Generation des vernetzten, digitalen Zeitalters auf. Während die Generation X derzeit viele der Schlüsselpositionen in Wirtschaft und Gesellschaft besetzt, drängen die digital-affinen Millennials von den Universitäten und ihren ersten Karriereschritten in höhere Positionen. Die Generation Z steht erst am Anfang ihres Berufslebens, wobei viele Verhaltensweisen noch offen sind – Technologie-affin und doch zurück zum Gefühl der strikten Trennung von Arbeit und Privatleben scheinen ihre Vorstellungen. Viele Studien bestätigen den Verhaltenswechsel der Millennials zu vorherigen Generationen. Während Personaler:innen sich noch mit deren Erwartungen auseinandersetzen, tritt bereits die Generation Z in die Berufswelt ein. [4]
Digitaler Alltag von Personaler:innen
Ein kurzer Einblick in einige Aufgaben von Personaler:innen, der sich vor allem mit der Personalbeschaffung, sowie Erhaltung beschäftigt, kann helfen Begrifflichkeiten des modernen Personalwesens zu verstehen und zu erkennen, welche ihrer Fähigkeiten heutzutage von der rein administrativen Tätigkeit unterscheiden und inwiefern gesellschaftliche Entwicklungen verfolgt werden muss:
Ich starte den Computer, mein Arbeitswerkzeug, ohne welches ich keine Möglichkeit mehr hätte meine Tätigkeit auszuüben. Die wichtigsten Elemente sind mein E-Mail Postfach, mein digitales Bewerbungssystem, meine Zugänge zu diversen digitalen Berufsportalen und sozialen Netzwerken sowie meine Cloud und das interne System mit Informationen zu den Mitarbeitenden – Viele offene Dokumente, Browser, Systeme, E-Mails und Lebensläufe. Nicht zu vergessen, Anfragen für Kooperationspartenschaften, Anfragen von internenen Mitarbeitenden, Anfragen für Beratung, die neue Systeme einführen und umgekehrt wiederum den eigenen Anfragen, die raus gehen an jedem Tag der Woche. Organistorisches Chaos, welches man an erster Stelle strukturieren muss. Die Digitalisierung hilft bei den standardisierten Abläufen und beschleunigt die automatisierten Prozesse bezüglich der Dokumente und Anträge. Mitarbeitende haben hohe Ansprüche an den Personalbereich und erwarten ihre Anträge schnellstmöglich zu bearbeiten. Durch digitale Lernplattformen und soziale Medien kann man sowohl aktiv als auch passiv nach Talenten suchen, durch konkretes sourcen in den Netzwerken, wie bspw. LinkedIn oder aber durch die Teilnahme an virtuellen Messen, bei denen man häufig einen gesamten Bewerbungsprozess durchlaufen oder verkürzen kann. Dabei trifft man Talente in Einzel- oder Gruppengesprächen und hat unter anderem die Möglichkeit ein gesamtes Konzept oder eine Veranstaltung um dieses Treffen herum zu planen und zu organisieren. An dieser Stelle müssen sich Personaler:innen mit aufkommenden Marketing – und Employer Branding Themen auseinandersetzen (auch wenn es nicht die Kernkompetenz der Person ist). Die Organisation von sowohl digitalen als auch Live-Events erfordert es, ein gesamtes Konzept rund um die Personalgewinnung aufzustellen. Dabei sollte man auf oben genannte Bedürfnisse und Vorstellungen von möglichen Talenten achten und sich sowohl konkurrenzorientiert als auch mit Bedacht auf die Unternehmensvision in die Organisation und Strategie einarbeiten. Digitale Werbesprüche, digitale Workshops, digitale Lernmöglichkeiten, digitale Events, die zur Unternehmensattraktivität beitragen und ähnliche Organisationen, fallen in den Personalbereich und erfordern die enge Zusammenarbeit mit externen Anbieter:innen und der Marketingabteilung. Auch das Hochschulmarketing fällt in den Personalbereich. Dabei sollte man sich möglichst von anderen Unternehmen abheben können um heutige Generationen für sich zu gewinnen. Dokumentieren, notieren, weitergeben an Teammitglieder, die sich im Anschluss mit der Vertragserstellungen, den rechtlichen Regelungen und der Einarbeitung durch digitale Plattformen beschäftigen.
Entscheidende Stichwörter: Employer Branding – Recruiting – HR Marketing – Hochschulmarketing, digitale Bewerbungssysteme – virtuelle Messen und Veranstaltungen – Candidate Experience
Nach diesem ersten Einblick in die Digitalisierung des Personalbereichs, welcher bei Erweiterung einem Essay entsprochen hätte, bleibt vor Abschluss noch auf die wohl größte und wichtigste Herausforderung, welche digitale Systeme und Abläufe mit sich bringen, aufmerksam zu machen: Die Datensicherheit und der Datenschutz. In größeren Unternehmen gilt es vor allem klare Richtlinien zu kommunizieren und die Löschpflicht, welche rechtlich festgelegt wird, zu kontrollieren. Es gibt auch an dieser Stelle digitale Systeme, die bei der Einhaltung von Richtlinien helfen können. Personaler:innen müssen im Zuge der Digitalisierung größere Datenmengen mit jedoch strengeren Auflagen verarbeiten und bearbeiten und dabei die Geheimhaltungspflicht von persönlichen Daten nicht verletzen. Dazu finden häufig digitale Lerneinheiten zur korrekten Datenverarbeitung statt. In Zukunft kann davon ausgegangen werden, dass sich mit Hilfe von künstlicher Intelligenz in den einzelnen Tätigkeiten weiter geholfen wird (Siehe einführenden Beitrag zu künstlicher Intelligenz auf oveyaras.de).
Quellen
- Bendel, Oliver (2021): Digitalisierung, Wirtschaftslexikon, Online unter: wirtschaftslexikon.gabler.de.
- Scholz, Christian (2011): Grundzüge des Personalmanagements, Verlag Franz Vahlen GmbH.
- Woßmann, Martin (2021): 4 Handlungsfelder für die HR Digitalisierung, Online unter humanresourcesmanager.de.
- Klaffke, Martin (2014): Millennials und Generation Z – Charakteristika der nachrückenden Arbeitnehmer-Generationen.
Ida Manko
Unsere Gastautorin Ida ist studierte Wirtschaftssoziologin und arbeitet in der Personalabteilung eines großen, internationalen Unternehmens. In ihrem Projekt oveyaras.de beschäftigt sie sich mit interessanten Fragestellungen rund um die Themen Personalwesen, Employer Branding und Digitalisierung.